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Funktion physikalischer Theorien






(Ehrenpromotionsvortrag)

 

In der logisch-methodologischen Literatur wird die physikalische Theorie traditionell als hypothetisch-deduktives System betrachtet. Man kann zwei Versionen davon unterscheiden. Entsprechend der starken Version (der so genannten Standardkonzeption), ist die physikalische Theorie strukturell einem Formalismus oder inhaltlich einer axiomatisierten mathematischen Theorien ä hnlich. Die Erklä rung und Vorhersage neuer Fakten ist in dieser Version die logische Ableitung von theoretischer Folgerungen aus den Axiomen. Aus den bestä tigten Hypothesen der Theorie, die Basischarakter haben, werden logisch streng Aussagen unteren Niveaus abgeleitet, bis hin zu den Aussagen, die mit der Versuchsergebnissen vergleichbar sind.

Die Kritik an der Standardkonzeption fü hrt zur abgeschwachten Version des hypothetisch-deduktiven Modells. Diese Version berü cksichtigt die Moglichkeit der Entweiterung und Prä zisierung der Ausgangspostulate der Theorie im Prozeb ihrer Entfaltung. Das Funktionieren der Theorie wird hier nicht nur im Kontext ihrer Wechselwirkung mit dem Experiment, sondern auch im Kontext der Wechselwirkung mit anderen Theorien betrachtet. Es werden solche Folgerungen aus den fundamentalen Prinzipien und Gesetzen abgeleitet, die zu neuen Hypothesen, zur Prä zisierung und Erweiterung der ursprü nglichen theoretischen Annahmen fü hren.

Die abgeschwachte Version entspricht der realen Praxis der physikalischen Forschung schon eher. Wenn man aber von ihrer allgemeinen Formulierung ausgeht, dann findet man, daß sie die Mechanismen der Entfaltung und Entwicklung der Theorie nicht vollstä ndig beschreibt. Das Problem besteht nicht darin, den Fakt der Einfü hrung neuer Vermutungen in die funktionierende Theorie zu konstatieren, sondern zu erklä ren, wie und wann solche Vermutungen eingefü hrt werden kö nnen. Existieren irgendwelche, wenngleich verborgene normative Voraussetzungen, die diesen Prozeß regulieren, und worin bestehen sie?

Um dieses Problem zu lö sen, ist eine besondere Analyse notwendig, die die allgemeinen Vorstellungen der abgeschwachten Version des hypothetisch-deduktiven Modells prä zisiert. Vor allem ist es notwendig, genauere Vorstellungen ü ber die Entfaltung der Theorie im Prozeß ihres Arbeitens, das heiß t bei der Erklä rung und Vorhersage neuer Tatsachen, zu erhalten.

Die Untersuchung realer physikalicher Theorien zeigt, dass diese Entfaltung nicht als strenge logische Deduktion einer Aussage aus der anderen verstanden werden kann. Prozeduren der logischen Ableitung und Bewegungen im mathematischen Apparat speilen zwar eine wichtige Rolle bei der Gewinnung theoretischen Folgerungen, aber darin erschö pft sich dieser Prozeß nicht.

Wenden wir uns einem konkreten Beispiel zu. Nehmen wir an, daß wir aus der Gleichung, die das zweite Newtonsche Axiom ausdrü ckt, als Folgerung das Gesetz fü r kleine Schwingungen erhalten wollen. Dies kann man in der Mechanik auf unterschiedliche Weise tun. Betrachten wir den historisch ersten Weg, der schon in Eulerschen Formuliierung der Mechanik enthalten ist und oft in modernen Lehrbü chern benutzt wird. Er ist mit der Konkretisierung der Kraft in der Gleichung des zweiten Newtonschen Axioms verbunden. Wie auch die ü brigen Newtonschen Gesetze ist diese Gleichung entsprechend einem idealisierten Modell formuliert, das das Wesen eines beliebigen mechanischen Prozeß es reprä sentiert. Dieses Modell stellt jeden mechanischen Prozeß als die Verschiebung von Massenpunkten entlang des Kontinuums raum-zeitlicher Inerzialsysteme und als Verä nderung des Bewegungszustandes der Massenpunkte unter dem Einfluß von Kraften. Von dieser Position aus betrachtet der Forscher den konkreten mechanischen Prozeß, in unserem Fall die mechanische Schwingung. Er behandelt die empirisch fixierten Schwingungsbewegungen, die Schwingung des Pendels oder von Kö rpern an einer Feder usw. Betrachtet er sie aus dem Blickwinkel des fundamentalen Modells der mechanischen Bewegung, dann sieht er in diesen Situationen eine besondere Form der Verschiebung des Massenpunktes im Bezugsystem. Ausgehend von den Besonderheiten der Schwingungsbewegung fü hrt er dann eine Reihe von Gedankenexperimenten mit den Objekten des fundamentalen theoretischen Modells durch. Er sieht, daß der Massenpunkt periodisch in das Gleichgewicht zurü ckkehrt, und konkretisiert die Art der Kraft, die auf den Massenpunkt wirkt, und er ersetzt das abstrakte Objekt “Kraft” durch das neue Objekt “reversierbare Kraft”. Auf diesem Wege konstruiert er auf der Basis des fundamentalen theoretischen Modells das spezielle theoretische Modell der mechanischen Bewegung, den Oszillator. Dann wird die, das zweite Newtonsche Axiom ausdrü ckende Gleichung, auf den Oszillator angewendet und man erhä lt das Schwingungsgesetz (In der Gleichung F = mr wird F durch -kx ersetzt, wobei -kx der reversierbare Kraft entspricht, und man erhä lt mx + kx = 0). Die beschriebene Prozedur der Ableitung von Folgerungen aus den grundlegenden Gesetzen ist universell. Sogar in den entwickelsten und hoch matematisierten physikalischen Theorien muß man mit Gedankenexperimente arbeiten. Diese Experimente sind Operationen mit theoretischen Modellen, welche nicht auß erhalb der Theorie liegen. Sie gehö ren zu ihrem Bestand und bilden ihr inneres Skelett. Man muß sie aber von analogischen Modellen unterscheiden, die als Mittel zur Konstruktion der Theorie dienen, aber als solche nicht in die Theorie eingehen. Die theoretischen Modelle, die zum Bestand der Theorie gehö ren, werden wir theoretische Schemata nennen. Sie sind wirkliche Schemata der von der Theorie erforschten Objekte und Prozesse und spiegeln ihre wesentlichen Beziehungen wider. In der entwickelten Theorie kann man fundamentale und partielle theoretische Schemata unterscheiden.

Vom Standpunkt des inneren Aufbaues der Theorie stellen sie ein System theoretischer Konstrukte dar, in dem streng bestimmte Beziehungen existieren. In unserem Beispiel gibt es drei grundlegende abstracte Objekte, die das fundamentale theoretische Schema bilden. Das sind “Massenpunkt”, “Kraft” und “Bezugssystem”. Diese sind konstruktiv unabhä ngig, daß heiß t keines kann im Rahmen der gegebenen Formulierung der Theorie aus den anderen konstruiert werden, aber auf ihre Grundlage kann man die abstrakten Objekte der partiellen theoretischen Schemata erhalten.

Die Beziehungen der grundlegenden abstrakten Objekte werden durch die fundamentalen Gesetze der Theorie beschrieben. Was die Beziehungen zwischen den abstrakten Objekten der partiellen theoretischen Schemata anbetrifft, so werden diese von partiellen theoretischen Gesetzen beschrieben (zum Beispiel vom Typ der Gesetze der mechanischen Schwingungen, der Rotation von Kö rpern der Bewegung im Feld der Zentralkrafte usw.). Die Gleichungen der Physik, die die mathematische Formulierung ihrer Gesetze sind, erhalten dank der Verbindung mit den theoretischen Schemata ihre Interpretation. Die Grö ben in den Gleichungen drü cken unmittelbar Merkmale der abstrakten Objekte dieser theoretischen Schemata aus. Die Lö sung der Gleichungen kann man als besondere Form des Operierens mit den abstrakten Objekten betrachten. Von dieser Position aus sind die Bewegungen im mathematischen Apparat spezifische Erforschung der theoretischen Schemata, die von der Theorie untersuchte Realitä t modellieren. Die Entfaltung des mathematischen Apparates kann man nur teilweise mit der Entfaltung des formulierten Systems identifizieren, weil nur einzelne seiner Teile als Ableitung einer Formel aus der anderen nach den Regeln der Mathematik aufgebaut werden. Die Kopplung all dieser Teile geschieht mit Hilfe von Gedankenexperimenten mit den theoretischen Schemata, die von Zeit zu Zeit in Form besonderer Modellvorstellungen expliziert werden kö nnen. Diese werden entweder als Darstellung, die mit entsprechenden Erlä uterungen versehen werden oder als inhaltliche Beschreibungen der Eigenschaften und Beziehungen der abstrakten Objekte gebildet. Gerade durch Gedankenexperimente mit letzteren Objekten geht die Konkretisierung der grundlegenden Gleichungen der Theorie bei der Anwendung auf diese oder jene spezielle physikalische Situation vor sich und dadurch werden die die Situation beschreibenden partiellen theoretischen Gesetze abgeleitet.

Die Spezifik solcher komplizierten Formen des theoretischen Wissens wie physikalische Theorien besteht darin, dab die Operationen der Konstruktion partieller theoretischer Schemata auf der Grundlage der Konstrukte der fundamentalen theoretischen Schemata nicht explizit von den Postulaten und Definitionen der Theorie beschrieben werden kann. Diese Operationen zeigen sich an den konkreten Mustern der Reduktion fundamentaler auf partielle theoretische Schemata. Solche Muster gehen in den Bestand der Theorie als spezifische Etalons ein, die zeigen, wie Ableitung von Folgerungen aus den grundlegenden Gleichungen gezogen werden. In der Mechanik kann man als Beispiele solcher Etalons die Ableitung des Gesetzes kleiner Schwingungen, des Gesetzes der Bewegung der Kö rper im Zentralfeld, der Rotation von Festkö rpern usw. aus den Newtonschen Gesetzen anfü hren. In der klassischen Elektrodynamik sind dafü r die Ableitung der Gesetze von Bio-Savart, Coulomb, Ampere, der Gesetze der elektromagnetischen Induktion charakteristische Beispiele. Der nichtformale Charakter all dieser Prozeduren, die Notwendigkeit, sich jedesmal auf das untersuchte Objekt zu beziehen, und dessen Besonderheiten bei der Konstruktion der partiellen theoretischen Schemata zu berü cksichtigen, macht die Ableitung jeder auf der Tagesordnung stehenden Ableitung von Folgerungen aus den grundlegenden Gleichungen der Theorie zu einer besonderen theoretischen Aufgabe. Die Lö sungen bestimmter von ihnen erweisen sich als Muster entsprechend denen alle weiteren gelö st werden. Dabei entsteht zwangslä ufig die Frage: woher stammen diese ursprü nglichen Muster, und wie gehen sie in den Bestand der Theorie ein?

Als einer der Ersten hat T.S.Kuhn auf die Rolle von Mustern im Prozeb der Funkzionierens der Theorie hingewiesen. Er hat unterstrichen, dab diese Muster einen ä uberst wichtigen Teil der Paradigmen bilden, die die “normale Forschung” sichern. In den Arbeiten von T.S.Kuhn wurde die Idee dargelegt, dab die Anwendung von Mustern in der normalen Wissenschaft ä hnlich den Tä tigkeiten bei der Bildung der Muster in der Geschichte der Wissenschaft ist.

Beide Arten der Tä tigkeit gehö ren einem Typ an, denn in ihnen liegt die Herstellung von Analogien zwischen verschiedenen und oft scheinbar unvereinbaren physikalischen Situationen zugrunde. Diese Situationen werden unter einem einheitlichen Gesichtspunkt betrachtet.

Die Kuhnschen Ideen kö nnen konkretisiert werden. Die Art und Weise der Sicht auf physikalische Situationen bei ihrer Erklä rung und Vorhersage im Rahmen einer vorhandenen Theorie wird durch theoretische Schemata bestimmt. Deshalb kann man das Problem der Bildung von Mustern auch als das Problem der Genese theoretischer Schemata bezeichnen. Die Analyse ihres Ursprungs unter Berü cksichtigung ihrer hierarchischen Ordnung und ihrer inneren Struktur gestattet es, auf die Frage ü ber die Quellen des Auftretens der ursprü nglichen Muster zur Lö sung von Aufgaben zu antworten. Um zu erhellen, wie dieser Prozess ablä uft, wenden wir uns der Analyse konkreten historischen Materials zu. Dafü r benutze ich die Rekonstruktion der Geschichte der Maxwellschen Elektrodynamik.

Dieses historische Beispiel wä hle ich aus zwei Grü nden. Erstens, nimmt die Maxwellsche Theorie einen besonderen Platz in der Geschichte der Physik ein. Sie ist die fundamentale Theorie, die zwar der klassischen Etappe der Physikentwicklung angehö rt, diese aber gleichzeitig vollendet. Auß erdem wurden bei ihrer Formuliierung bereits einige Verfahren benutzt, die fü r die moderne Physik charakteristisch sind. Diese Situation ist durch das Auftreten sowohl von der klassischen als auch der modernen Etappe angehö renden Operationen von der theoretischen Tä tigkeit gekennzeichnet, wobei man die spezifischen Besonderheiten beider Arten nicht auß er Acht lassen darf. Zweitens ist das historische Material, das mit den Maxwellschen Entdeckung verbunden ist, im bestimmten Sinne universal. Der historische Prozeß der Theorienbildung stellt sich hier in reiner Form dar, weil alle grundlegenden Etappen der theoretischen Bewegung von einem Forscher durchlaufen wurden. Auberdem sind in den Texten alle vorlä ufigen Varianten der Theorie erhalten geblieben, einschliblich derer, die in der Folge vom Autor der Theorie der elektromagnetischen Felder selbst verworfen wurden.

Dem Aufbau der Maxwellschen Theorie ging die Ausarbeitung theoretischen Wissen voraus, das nur einzelne Aspekten der wesentliche Charakteristiken der elektromagnetischen Wechselwirkung widergibt. Das waren die theoretischen Modelle und Gesetze von Coulomb, Faraday, Ampere usw. Bezü glich der Grundlagen der zukü nftigen Theorie der elektromagnetischen Felder waren es die partielle theoretische Schemata und Gesetze. Die Maxwellsche Theorie wurde durch deren Weiterentwicklung und Synthese geschaffen. Dieser Weg der Konstruktion fundamentaler physikalischer Theorien ist eher Regel als Ausnahme. Alle fundamentalen Theorien der klassischen Physik (die Newtonsche Mechanik, die Thermodynamik, die klassische Elektrodynamik) waren das Ergebnis der Ausarbeitung partieller theoretischer Modelle und Gesetze, die in der entsprechenden einheitlichen Theorie ihre Verallgemeinerung fanden. Ä hnliche Zü ge der theoretischen Synthese findet man auch in der Geschichte der Quantenphysik.

Die von Maxwell durchgefü hrte Synthese war begrü ndet durch die Anwendung der bekannten Operationen ein analoger Modelle. Diese Modelle wurden aus der Kontinuumsmechanik entnommen und dienten der Ü bertragung der entsprechenden hydrodynamischen Gleichungen auf die entstehende Theorie des elektromagnetischen Feldes.

Die Anwendung der Analogie ist eine universelle Operation der Schaffung neuer Theorien. Deshalb ist es auch sinnvoll, sie detallierter zu analysieren. Vor allem muß bemerkt werden, daß diese Operation der Verwendung mathematischer Strukturen und Begriffe aus bestehenden Theorien als Mittel zum Aufbau einer neuen Theorie dient. Die physikalischen Theorien existieren nicht isoliert von einander, sie entwickeln sich als System, bei dem eine Theorie das Baumaterial fü r die andere darstellt. Wenden wir uns im weiteren folgendem wichtigen Umstand zu. Die analogen Modelle, die Maxwell benutzte, z.B. Strö me in kompressibler Flü ssigkeit, Wirbel, im Kontinuum, waren theoretische Schemata der Kontinuumsmechanik.

Als die mit ihnen verbundenen Gleichungen in die Elektrodynamik ü bertragen wurden, wurden die mechanischen Grö be in den Gleichungen durch neue Grö ben ersetzt, die die elektrischen und magnetischen Prozesse charakterisieren. Eine solche Ersetzung war mö glich dank der Einfü hrung anderer abstrakten Objekte anstatt der mechanischen in das analoge Modell, so z.B. Kraftlinien, Ladungen, infinitesimal Strö me usw. Diese Objekte entnahm Maxwell den theoretischen Schemata von Coulomb, Ampere, Faraday. Diese Schemata verallgemeinerte er in der von ihm geschaffenen neuen Theorie. Die Einfü hrung neuer Objekte in das analoge Modell ist dem Foscher nicht immer bewubt, es gibt sie aber selbstverstä ndlich. Ohne sie haben die Gleichungen keinen neuen physikalischen Sinn und man kann sie nicht auf neue Gebiete anwenden. Diese Ü bertragungen machen bewuß t, daß aus einem bestimmten Wissensgebiet stammende Objekt, in unserem Beispiel aus dem Wissen ü ber Elektrizitä t und Magnetismus, mit einer neuen Struktur (“Netz von Beziehungen”) verbunden sind, die aus einem anderen Wissenssystem entnommen sind. Diese Struktur stammt in unserem Beispiel aus der Kontinuumsmechanik.

Im Resultat einer solchen Vereinigung geht eine Transformation des analogen Modells vor sich. Es verwandelt sich in das theoretische Schema eines neuen Gebietes von Erscheinungen. Zunä chst ist es hypothetisch und bedarf der Begrü ndung. Letzteres ist eine der wichtigsten Prozeduren der Theoriebildung. Das Problem besteht darin, daß bei der Vereinigung der abstrakten Objekte und mit dem neuen Netz von Beziehungen neue Merkmale auftreten. Indem er voraussetzt, daß das so entstandene hypothetische Modelle wesentliche Zü ge des neuen Gegenstandsbereichs abbildet, nimmt der Forscher an, daß erstens die hypothetische Merkmale der abstrakten Objekte ihre Grundlage gerade in jenem Bereich der empirisch fixierten Erscheinungen finden, auf deren Erklä rung das Modell prä tendiert, und zweitens, daß diese neuen Merkmale mit den Merkmalen vereinbar sind, die durch die vorhergehende Entwicklung von Erkenntnis und Praxis begrü ndet wurden. Es ist verstä ndlich, daß die Berechtigung dieser Annahmen speziell bewiesen werden muß. Dieser Beweis erfolgt durch die Einfü hrung der abstrakten Objekte als Idealisierungen, die auf neuer Erfahrung beruhen. Die Merkmale der abstrakten Objekte, die zunä chst hypothetisch ohne Bezug zu den Experimenten des neuen Wechselwirkungstyps eingefü hrt wurden, werden jetzt aufs neue von Experiment her aufgebaut. Man erhä lt sie im Rahmen von Gedankenexperimenten, die typisierten Besonderheiten solchen realer Experimente entsprechen, die fü r die Erklä rung des theoretischen Modells in Anspruch genommen werden. Danach ist zu ü berprü fen, ob die neuen Eigenschaften der abstrakten Objekte mit denen ü bereinstimmen, die durch vorhergehende Erfahrung bestä tigt sind.

Dieser ganze Komplex von Operationen sichert die Begrü ndung der Merkmale der abstrakten Objekte im hypothetischen Modell und ihr Verwandlung in das theoretische Schema, das das neue Gebiet von Wechselwirkung widerspiegelt. Wir werden diese Operationen die konstruktive Einfü hrung der Objekte in die Theorie nennen. Die theoretischen Schemata, die den beschriebenen Prozeduren genü gen, werden wir konstruktiv begrü ndet nennen. Die konstruktive Begrü ndung sichert die Anbindung der theoretischen Schemata an die Erfahrung und bedeutet auch die Verbindung der physikalischen Grö ben des mathematischen Apparates mit der Erfahrung. Gerade dank der Prozeduren der konstruktiven Begrü ndung erscheinen in der Theorie Korrespodenzregeln.

In der vormaxwellschen Physik gibt es mit der konstruktiven Begrü ndung keine besonderen Schwierigkeiten, sie wird in der Hauptsache implizit und oft unbewuß t vom Forscher durchgefü hrt. Im Maxwellschen Schö pfertum findet man dieses Bewuß twerden schon, vor allem in der abschlissenden Phase seiner Arbeit an der Schaffung der einheitlichen Theorie des Elektromagnetismus. In der modernen Physik sind diese Prozeduren ziemlich klar sichtbar. Sie bilden eine besondere Sphä re der Tä tigkeit zur empirischen Interpretation der mathematischen Formalismen. Als Beispiel kö nnen hier die aus der Geschichte der Quantenelektrodynamik bekannten Prozeduren von Bohr und Rosenfeld dienen.

Wenn wir die Geschichte der Herausbildung der Maxwellschen Elektrodynamik unter Berü cksichtigung der oben beschriebenen Operationen der Konstruktion theoretischer Modelle verfolgen, findet sich die folgende Logik der von Maxwell vollzogenen theoretischen Synthese. Maxwell verallgemeinert etappenweise das von seinen Vorlä ufern erhaltene theoretische Wissen ü ber die einzelnen Gebiete der elektromagnetischen Wechselwirkung.

Das theoretische Material, das er verallgemeinerte, gruppierte sich in folgende Blö cke: Elektrostatik, Magnetostatik, stationä re Strö me der elektromagnetischen Induktion und Kraftwirkungen stationä rer Strö me.

Indem er analoge Modelle benutzte, erhielt Maxwell zunä chst verallgemeinerte Gleichungen fü r einen einzelnen dieser Blocke. In diesem Prozeb bildete er ein verallgemeinertes hypothetisches Modell, daß die Interpretation der Gleichungen sichern und die theoretischen Schemata des entsprechenden Wissenblocks assimilieren muß te. Nach der konstruktiven Begrü ndung und der Umwandlung dieses Modells in ein theoretisches Schema bezog Maxwell einen neuen Wissensblock in die Verallgemeinerung ein. Er benutzte die schon frü her angewendeten hydrodynamischen und mechanischen Analogien, aber entwickelte und modernisierte sie so, daß die Assimilierung des neuen physikalischen Materials gewahrleistet war. Danach wiederholte sich die uns schon bekannte Prozedur der Begrü ndung: innerhalb des neuen analogen Modells wurde der konstruktive Inhalt fixiert, was der Explikation des verallgemeinerten theoretischen Schemas die partiellen theoretischen Modelle des neuen Blocks assimiliert wurden, und sich aus den neuen verallgemeinerten Gleichungen entsprechende partielle theoretische Gesetze ableiten ließ en. Damit war die Begrü ndung aber noch nicht beendet.

Der Forscher muß te sich davon ü berzeugen, daß er mit der neuen Verallgemeinerung nicht den vorigen konstruktiven Inhalt verstö rt hatte. Zu diesem Zwecke leitete er aus den erhaltenen verallgemeinerten Gleichungen alle partielle Gesetze der frü her synthesierter Blö cke ab. Folglich ging im Prozeß dieser Ableitung die Reduktion jedes neuen verallgemeinerten Schemas auf die partiellen Schemata vor sich. Diese sind den vor der Maxwellschen Etappe der Entwicklung der Elektrodynamik existierenden ä quivalent.

Im abschließ enden Stadium der theoretischen Synthese, wenn die grundlegenden Gleichungen der Theorie eingefü hrt werden und die Bildung des fundamentalen theoretischen Schema seinem Ende entgegengeht, wird folgender Beweis der Glechungen und ihrer Interpretation durchgefü hrt: auf der Grundlage des fundamentalen theoretischen Schema werden entsprechende partielle Schemata konstruiert, und aus den grundlegenden Gleichungen erhä lt man in neuer Form die von ihnen verallgemeinerten partiellen theoretischen Gesetze. Als typisches Beispiel kann das abschließ ende Stadium der Formuliierung der Maxwellschen Theorie der elektromagnetischen Felder dienen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich schon erwiesen, daß man auf der Grundlage des theoretischen Modells des elektromagnetischen Feldes als Spezialfä lle unter anderen die theoretischen Schemata der Elektrostatik, Schemata der konstanten Stromes, die elektromagnetische Induktion und die Entdeckungen Faradä es ableiten konnte.

Dieses abschliebende Stadium bedeutet gleichzeitig die Formulierung der “fertigen” Theorie. Der Prozeb ihres Werdens reproduziert sich jetzt in umgekehrter Reihnfolge in der Entfaltung der Theorie, als Ergebnis der aus den Grundgleichungen gezogenen theoretischen Folgerungen. Jede dieser Ableitungen kann als Darlegung einer bestimmten Lö sungsmuster theoretischer Aufgaben bewertet werden. Nach der Voraussage von Maxwell ü ber die elektromagnetischen Wellen und nach den Experimenten von Heinrich Hertz, durchgefü hrt in der Universitä t Karlsruhe, wurde die klassische Elektrodynamik erweitert. Die Arbeiten von Heinrich Hertz erlaubten, die Lö sungsmustern auf dem Gebiet der Optik auch in der Bereich der Elektrodynamik zu integrieren.

Das Funktionieren der neuen Theorie und die Erweiterung ihres Anwendungsbereiches erzeugt neue Muster der Lö sung von Aufgaben, die neben den vorhandenen in den Bestand der Theorie eingehen. Diese ursprü nglich vorhandenen Mustern verä ndern ihre Form bei der Umarbeitung der Theorie, bleiben aber in ihrem Bestand erhalten.

So enthä lt die Theorie die Spuren ihrer eigenen Geschichte, reproduziert durch typisierte Aufgaben und Mitteln, zu deren Lö sung die grundlegenden Besonderheiten ihres Werdens gehö ren.

 






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