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Die Strukturierung der Welt als Funktion kultureller und insbesondere einzelsprachlicher Spezifika?






(Kritische Thesen)

1. Vor allem die seit 1990 gefьhrte Diskussion um die Menschenrechte hat die Frage, ob ethische und moralische Werte eine Funktion spezifischer Kultur seien und mit dieser Frage das noch grundsдtzlichere Problem, wieweit die Weltsicht des Menschen Funktion seiner Kultur sei, wieder zu einem viel erцrterten Thema werden lassen. Die dabei auch vertretenen und insbesondere von offizieller politischer Seite ins Spiel gebrachten kulturrelativistischen Auffassungen sind meines Erachtens jedoch nur soweit interessant, wie mit ihnen in irgendeiner Hinsicht relevante unrevidierbare Inkompatibilitдt – vor allem also eine nicht zu beseitigende Unvereinbarkeit grundlegender Erkenntnis– und Kommunikationsweisen und moralischer Normen oder Werte – behauptet wird. Denn sowie eingerдumt wird, dass sich prinzipiell jede auch nur halbwegs relevante Inkompatibilitдt ausrдumen lдsst und man sich dafьr entschieden hat, sie in der Tat zu beseitigen, stellt sich nur noch die Frage, wann und wie dies geschehe kцnne und geschehen solle. Die Verwirklichung mag noch so schwierig sein. Wenn man keinen radikal kulturrelativistischen Standpunkt vertritt, ist sie mцglich. In eigenen Studien habe ich freilich wiederholt zu zeigen versucht, dass radikaler Kulturrelativismus unhaltbar ist. Dabei habe ich mich mit unterschiedlichsten Formen des Kulturrelativismus auseinandergesetzt: Varianten, die von einer Inkompatibilitдt der von Kultur zu Kultur verschiedenen Weisen der Erkenntis, Kommunikation und Problemlцsung – wie insbesondere sogenannten unterschiedlichen Logiken, differenten Kausalitдtskonzepten und unterschiedlichen Methodologien der Relation zwischen Sein und Sollen – ausgehen; Varianten, die sich auf angeblich grundsдtzlich andere ethische Normen – wie den sogenannten Individualismus und Kommunitarismus – berufen; ja, selbst mit Varianten, die kulturell grundverschiedene дsthetische Auffassungen annehmen. Ausfьhrliche Auseinandersetzungen mit meinen entsprechenden Argumenten sind mir nicht bekannt. Aber ich begegne immer wieder diffuser Ablehnung, ja Abneigung. Zum Teil sind solche Gefьhle durch die Unkenntnis meiner Studien bedingt. Insbesondere ausfьhrliche und diffizile Erцrterungen von Fragen der Logik sind fьr viele verstдndlicher Weise einfach unwillkommene Lektьre. Dazu kommt dann schnell der Verdacht, ich sei ein dogmatischer Universalist oder doch zumindest ein unheilbarer Eurozentriker. Auch mit solchen Vorbehalten habe ich mich mehrfach auseinandergesetzt. Aber auch diese Argumente sind meines Wissens bisher von Vertretern der Hypothese etwa einer «spezifisch цstlichen» (nicht «zweiwertigen») Logik, von Anhдngern der Kyфto-Schule oder von Sinologen und Kulturwissenschaftlern wie Roger Ames und David Hall nicht zur Kenntnis genommen worden. Da die Argumente gegen den Vorwurf des Eurozentrismus von grundlegender Relevanz sind, wiederhole ich die wichtigsten von ihnen in Kьrze:

(a) Wenn ich z.B. ein in chinesischen Kulturen entwickeltes Philosophem kritisiere, dann kritisiere ich auch entsprechende in europдischen Kulturen entwickelte Philosopheme. Kritisiere ich etwa dualistische Ansдtze des chinesischen Philosophen Zhu Xi (1130-1200), dann kritisiere ich den Dualismus Platos noch schдrfer.

(b) Wenn ich einen chinesischen Philosophen kritisiere, dann zitiere oder referiere ich dabei auch andere chinesische Philosophen, die vergleichbare – und oft noch hдrtere – Kritik am infrage stehenden Philosophen geдuЯert haben. Geht es um Zhu Xi, so zitiere ich z.B. Dai Zhens (1723-1777) Kritik. Wдhrend ich die Unklarheit, den dualistischen Aspekt und die inhumanen Implikationen von Zhu Xis Begriff des Prinzips (li) bemдngele, sagt Dai Zhen gerade heraus, dass li Menschen tцte oder tцten kцnne.

(c) Ein Asiate, der meint, dass kein Europдer einen Asiaten kritisieren kцnne oder dьrfe, dьrfte dies gar nicht behaupten. Denn woher will er wissen, dass er – als Asiate – in der Lage ist, zu beurteilen, ob der Europдer treffende Kritik zu дuЯern vermag oder nicht. Anders gesagt, ist es unmцglich, fremdkulturelle Kritik aus fremdkultureller Perspektive zu kritiseren, indem man ihr einfach ihre fremde Sicht ankreidet. Einen Chinesen kцnnte man ьbrigens «mit eigenen Waffen schlagen". Man brдuchte nur auf Zhuang Zis (369-286) so schцne wie brillante Anekdote ьber zwei Mдnner zu verweisen, die Fische beobachten und sich darьber unterhalten, ob so etwas wie die «Freude der Fische» (auch) Nicht-Fischen begreiflich sei. Paraphrasierend gebe ich einen Teil des Wortwechsels wieder:

«Wie sich die Fische freuen!»

«Du bist kein Fisch! Woher willst du wissen, dass sich die Fische freuen?»

«Du bist nicht ich! Woher weiЯt du, was ich wissen kann?»

«Gut. Da ich nicht du bin, kann ich nichts ьber dich wissen. Aber da du kein Fisch bist, kannst du dann auch nichts ьber Fische wissen».

«Als du mich fragtest, woher ich wьsste, dass sich die Fische freuen, wusstest Du bereits, dass ich es wusste».

Im Folgenden liste ich die wichtigsten, von mir andernorts umfassender und detaillierter formulierten Argumente auf, die meines Erachtens jeden radikalen Kulturrelativismus – jede Hypothese, dass es Weltauffassungen gebe, die aufgrund unterschiedlicher kultureller Voraussetzungen prinzipiell inkompatibel seien – ad absurdum fьhren. Sie sollen auch in Kьrze deutlich machen, dass ich weit davon entfernt bin, einen dogmatischen Universalismus zu vertreten oder, anders gesagt, bestehende kulturelle Differenzen zu leugnen oder in ihrer Relevanz gering zu schдtzen. Ich bleibe freilich bei der Auffassung, dass sich prinzipiell jeder Mensch soweit mit jedem anderen verstдndigen kann, dass er begreift, was der andere meint oder glaubt oder fьr gut und wertvoll hдlt, auch wenn er dem anderen dabei oft nicht zustimmen kann oder will. Dass Zustimmung hдufig so schwierig und – bei gleichbleibenden Voraussetzungen – faktisch unmцglich ist, hat viele Ursachen und Grьnde, ist aber, wie ich betone, nicht darauf zurьck zu fьhren, dass prinzipiell keine grundsдtzliche Einigung mцglich wдre. Einige der Ursachen und Grьnde mцgen in der extrem spezifischen Qualitдt der Differenzen liegen. Dazu gehцren etwa die Differenzen, die in individuellen biologisch (mit)bestimmten Dispositionen wurzeln. Andere liegen zum Beispiel in fundamentalistischen Einstellungen. Solche Einstellungen zu дndern, ist oft unmцglich, wenn man sich an den einzelnen Menschen wendet. Man mag ganze Gruppen einbeziehen und Jahrzehnte ansetzen mьssen. Wieder ein anderes Beispiel ist das harte Faktum, auf eine bestimmte Lebenswelt – etwa den sьdamerikanischen Urwald – angewiesen zu sein, um ьberhaupt ьberleben oder jedenfalls in akzeptabler Weise leben zu kцnnen. Auch hier dьrften Verдnderungen – sofern gewollt und gebilligt – ganze Gruppen in Betracht ziehen mьssen und zwei Jahrzehnte dauern. Und wir alle wissen schlieЯlich aus eigener Erfahrung, wie schwer wir uns tun, einem von uns durchaus als gьltig erkanntem Argument nachzugeben, wenn es unseren Neigungen und Hoffnungen entgegen steht. Die Kluft zwischen Einsicht und Tat wird vielleicht stets ein menschliches Problem bleiben. Doch damit zu den einzelnen Argumenten.

 

2. Wahrnehmung, Erkenntnis oder wie immer menschliche Wahrnehmung und Erkenntnis von Gegenstдnden bezeichnet werden mag, ist Funktion subjektiver (dem Subjekt Menschen als Menschen eigener) und objektiver (dem Erkenntnisgegenstand als solchem eigenen) Faktoren. Dabei sind die sogenannten objektiven Faktoren niemals als, Kantisch gesprochen, «Dinge an sich» oder, buddhistisch ausgedrьckt, «wahre Wirklichkeit» fassbar. Sofern sie vom Menschen bemerkt, wahrgenommen, erkannt werden etc., sind sie bereits auch Funktion subjektiver Faktoren. Diese subjektiven Faktoren lassen sich vielleicht als biologische, neurologische und andere, nicht auf Physisches oder Materiales reduzierbare Komponenten bezeichnen. Sie sind weniger als feste Merkmale denn als Dispositionen zu begreifen, die der Ausbildung bedьrfen, um ьberhaupt wirksam werden zu kцnnen. Sie lassen sich z.B. als Funktionen folgender Art auffassen: mit jeder «Einsetzung» – jedem Imput, jedem Umwelteinfluss – дndert sich die Funktion, der subjektive Wahrnehmungsmechanismus selbst, so dass jede weitere «Einsetzung» dann einem – wenn auch leicht und schlieЯlich in jeder relevanten Hinsicht insignifikant – verдnderten Mechanismus unterworfen wird. «Zusammensetzung», «Zusammenspiel», «Wechselwirkung», «Ordnung» und «Steuerung» der subjektiven und objektiven Faktoren fьhren auf schwierige Fragen, die Thema unzдhliger, teilweise sehr spezifischer Fachliteratur sind und auЯer Acht gelassen werden mьssen.

Wichtig ist im gegebenen Zusammenhang, dass es jedenfalls subjektive Faktoren – Dispositionen – des Wahrnehmens und Erkennens gibt, die allen Menschen als Menschen – als Lebewesen einer biologischen Gattung – gemeinsam sind. Dazu ist auch die kцrperliche Beschaffenheit des Menschen zu rechnen: so etwa die – oft verдchtlich als trivial im Sinn von irrelevant und uninteressant bezeichneten – Eigenschaften, zwei Hдnde zu haben und Augen zu besitzen, die sich z.B. von Adler– Bienenaugen unterscheiden. Auch die Tatsache, dass die Menschen ein anderes Kдlte-, Hitze– und Schmerzempfinden haben als viele andere Tierarten, gehцrt dazu.

 

3. Der Kantische transzendentalphilosophische Ansatz dьrfte immer noch soweit treffend sein, als bestimmte subjektive Bedingungen der Mцglichkeit jeder Erfahrung anzunehmen sind, die in relevanter Hinsicht von spezifischen Erfahrungen unabhдngig sind. Dazu gehцren, grob gesagt, Voraussetzungen logischen und kausalen Denkens.

 

4. Unbestreitbar ist andererseits, daЯ bestimmte umweltliche und kulturelle Spezifika zu unterschiedlichen Beschreibungen und Erklдrungen von Gegenstandsklassen und -relationen fьhren kцnnen. So macht es sicherlich einen Unterschied, ob man nur drei oder zwцlf Farbwцrter besitzt. Das Farbspektrum «der Welt» wird damit unterschiedlich charakterisiert. Es leuchtet auch ein, dass Menschen, die sprachlich nicht explizit zwischen irgendwie linienfцrmigen Gestalten wie Lianen und euklidischen Geraden unterscheiden, ja gar nur ein Wort wie «Liane» kennen, um entsprechende Formen zu bezeichnen, auch eine Tischkante «Liane» oder «linanenfцrmig» nennen werden, wenn sie eine solche Kante zum ersten Mal sehen.

 

5. Das bisher Gesagte dьrfte in seiner Allgemeinheit letztlich unstrittig sein. So ist das fragliche Problem – die Frage nach Universalitдt und Partikularitдt, insbesondere kulturell bedingter Partikularitдt, von Wahrnehmen, Erkennen und Urteilen – spezifischer zu fassen. Es ist zu fragen, wann, in welcher Weise und warum wahrnehmungs– und erkenntniskennzeichnende Gemeinsamkeiten und Unterschiede signifikant und/oder relevant sind. Dass Menschen ihre Welt gemдЯ ihren unterschiedlichen Farb– und Geometrievokabeln unterschiedlich strukturieren, erscheint in vielerlei Hinsicht irrelevant, mag es auch gelingen, Ausnahmen anzufьhren. Wichtig ist in solchen Zusammenhдngen zudem, dass jemand, der etwa nur das Wort «Liane» kennt, prinzipiell fдhig ist, auch Wort und Begriff der euklidischen Geraden zu lernen. Wie in so vielen anderen Fдllen existieren «auf hцherer Ebene» auch begrifflich-logische und biologisch-neurologische Gemeinsamkeiten. Дhnliches gilt fьr unterschiedliche Wahrnehmungen oder Erkenntnisse in der Ferne auslaufender, verschwindender Schienenstrдnge. WeiЯ man nicht, dass sie – in bestimmten Sinn – parallel verlaufen, so wird man logischerweise auf ihr Zusammentreffen schlieЯen kцnnen. Man muss sich ja auch fragen, warum es dem, der Begriffe wie «Gerade» oder «Parallele» kennt, nichtsdestoweniger so leicht fдllt, abweichende Auffassungen nachzuvollziehen und sogar fьr vernьnftig zu halten. Unsere Wahrnehmung und Erkenntnis lдsst sich eben idealiter in Form von Klassen von Wenn-dann-Sдtzen rekonstruieren. Und da bestimmte logische und kausale Prinzipien prinzipiell allen Menschen als Orientierung dienen, ist prinzipiell stets Ьbereinstimmung erreichbar, wenn die Prдmissen gemeinsam sind. Diese Gemeinsamkeit ist durch Reduzierung oder Ergдnzung von Prдmissenmengen – z. B. durch Subtraktion oder Addition von «Parallelenkonzept» – erreichbar. Sofern man nur zugesteht, dass interkulturelle Kommunikation auch ein gemeinsames Potential nutzender Lernprozess ist und sein darf, werden viele kulturell bedingte Unterschiede irrelevant.

Und auch der «Objektanteil» (ein Konzept auch buddhistischer Erkenntnistheorie) spielt anscheinend prinzipiell eine Gemeinsamkeit begьnstigende Rolle, ist er nur hinreichend komplex und in irgendwie geeigneter Weise begrenzt.

 

6. So kommt ein sehr schwieriges methodologisches Problem ins Spiel. Rein logisch gesehen, lдsst sich alles verallgemeinern und spezifizieren. Es kommt also darauf an, auszufьhren, warum man etwas fьr so wichtig hдlt, dass man es als Ьbereinstimmung oder als Unterschied namhaft macht. Ich spreche gern davon, dass man auch zwei Hьhnereier voneinander unterscheiden kцnne, aber dass danach kein Hahn krдhe. Interessant ist im gegebenen Zusammenhang auch die bekannte Episode aus Gullivers Reisen, der zufolge ein Krieg ьber die Frage ausbrach, ob man ein Ei am spitzen oder stumpfen Ende aufschlagen solle. Zweifellos ein, wenn auch konstruiertes, Beispiel fьr irrige Relevanzannahmen. Fundamentalismen etc. ausgenommen, kenne ich keine kulturspezifischen unterschiedlichen Strukturierungen der Welt, die ich fьr gravierend hielte.

 

7. Was nun etwa die sogenannte Sinneswahrnehmung angeht, so wird m.E. zu wenig beachtet, wie groЯ die transkulturellen Ьbereinstimmungen schon in дsthetischen Auffassungen sind. Marx hatte Recht, als er feststellte, dass der Mensch «nach den Gesetzen des Schцnen» «formiere". In verschiedenen Arbeiten habe ich Beispiele fьr frappierende Ьbereinstimmungen gegeben. Ich spreche lediglich einige davon an:

(a) Trotz aller Unterschiedlichkeit sogenannter Schцnheitsideale sind wir uns in unseren дsthetischen Urteilen ьber menschliche Gesichter und menschliche Gestalt weitgehend einig.

(b) Es gibt eine Reihe von denkbar verschiedenartigen Kunstwerken, die wдhrend ihrer ganzen Rezeptionsgeschichte und dabei von der ьberwдltigenden Mehrheit der Menschen, deren Urteile bekannt sind, дsthetisch positiv bewertet wurden. Entsprechendes gilt fьr bestimmte Naturphдnomene wie etwa den Sternenhimmel, berьhmte Wasserfдlle oder Konturen von Sandbergen in der Sahara.

(c) Es gibt unzдhlige Abhandlungen ьber kьnstlerische Regeln, die von der Ьberzeugung bestimmt sind, dass solche Regeln existieren und dass sie gekannt und befolgt werden sollten.

(d) Fast soweit die Geschichte der Schriftsprache zurьckreicht, hat es in irgendeinem Sinn Kunstkritik gegeben. Ein sehr altes Beispiel ist die um 2000 vor Christus formulierte дgyptische Lehre des Ptahhotep, die unter anderem von «schцner Rede» spricht und die einer Art Poetologie folgt.

(e) Es wьrde keine Lyrik-Ьbersetzungen, keine Ausstellungen japanischer Bildender Kunst in Europa (und umgekehrt), keine Auffьhrungen der Peking-Oper in London oder eines russischen Balletts in den USA geben, wдren wir nicht ьberzeugt, dass prinzipiell alle Menschen alle Kunstwerke in irgendwie ьbereinstimmender Weise дsthetisch beurteilen kцnnen.

(f) Seit je wohl war die Entwicklung der Kunst durch konvergierende Tendenzen gekennzeichnet. Die Kunstwerke verschiedener Kulturkreise werden sich immer дhnlicher. Oder sie zeichnen sich durch wachsende und zunehmend akzeptierte Pluralitдt aus. Schon in der Steinzeit wurden bestimmte Kunstformen einer Kultur von anderen Kulturen ьbernommen. So hat sich der bereits um 11000 vor Christus (oder noch frьher) auftretende Rцntgenstil der Jдgerkulturen – der die inneren Organe von Tieren wiedergibt – von Europa nach Asien und von da aus nach Australien und Amerika verbreitet.

(g) Genauso bemerkenswert wie das Bestehen konvergierender Tendenzen ist die Existenz verblьffend дhnlicher Kunstformen, die unabhдngig voneinander entstanden sind. Man denke an Beispiele aus der Architektur und Ornamentik.

(h) Die hдufigen langen und «heiЯen» Diskussionen ьber дsthetische Fragen wдren vцllig sinnlos, grьndeten sie nicht in der Ьberzeugung, dass es prinzipiell mцglich sei, sich zu «verstдndigen».

 

8. Zum Verhдltnis von spezifischer menschlicher Sprache zu menschlicher Sprache ьberhaupt sowie zu grundlegenden Fragen der Logizitдt und Ethik ebenfalls nur einige stichwortartige Anmerkungen, da ich mich auch zu diesen Problemen mehrfach geдuЯert habe.

(a) So spezifisch eine menschliche Sprache auch sein mag, sie bleibt doch eine menschliche Sprache. Damit kommen alle fьr die Hypothese der Existenz einer Universalen Grammatik formulierten Argumente (aber natьrlich auch entsprechende Gegenargumente) ins Spiel.

(b) Logische Prinzipien bestimmen einzelsprachliche Grammatiken (geben die Rahmenbedingun­gen einzelsprachlicher Grammatiken ab) und nicht umgekehrt.

(c) Grammatikalische Kategorien dьrfen nicht mit logischen Kategorien identifiziert werden. So unterscheiden denn auch «westliche» wie indische, chinesische und japanische Logiktheoretiker explizit zwischen Kategorien wie Genus und Spezies einerseits und grammatikalischem Subjekt und Prдdikat andererseits bzw. zwischen dharma, fa und (Eigenschaft) und dharmin, youfa, uhф (Eigenschaftstrдger) einerseits und grammatikalischen Konzepten andererseits.

(d) Unterschiedliche sprachliche SchluЯfiguren (wie Syllogismen), unterschiedliche Quantoren, der Gebrauch oder Verzicht auf sprachlich explizite Kopulas und Junktoren (ausgenommen Negationsausdrьcke?) sind logisch irrelevant.

(e) In der Diskussion der Frage nach der Allgemeingьltigkeit logischer Prinzipien ist zwischen (1) gewissermaЯen metalogischen Gesetzen – nдmlich Gesetzen, die selbst in die Formulierung einzelner Theorien der Logik eingehen -, (2) in einzelnen Theorien der Logik formulierten Prinzipien und (3) impliziten und expliziten Anwendungen logischer Prinzipien zu unterscheiden. In einzelnen Theorien der Logik formulierte Prinzipien sind dabei oft irrelevant. AuЯerdem sind sogenannte materiale Logiken – unmittelbare oder mittelbare Theorien inhaltlich bestimmter Strukturen – auЯer Acht zu lassen.

(f) Die Unterscheidung zwischen Sein und Sollen ist unabhдngig von einzelsprachlicher Grammatik und selbst unabhдngig davon, ob es in einer Sprache ein eigenes Wort fьr «Sollen» gibt. Jeder Mensch, der – wie im einzelnen auch immer – die Meinung дuЯert, dass dies oder jenes besser unterlassen worden wдre oder dass dies und nicht jenes zu tun sei, artikuliert eine solche Unterscheidung. Anders gesagt, braucht man kein eigenes Wort fьr «sollen", um auszudrьcken, dass eine bestimmte Handlung vollzogen werden oder unterlassen werden sollte oder dass sie hдtte vollzogen werden sollen. Mittlerweile hat sich ьbrigens auch im Deutschen das normative Prдsens eingebьrgert. Zeitungsanzeigen, mit denen nach Arbeitskrдften gesucht wird, enthalten immer hдufiger Formulierungen wie «NN beherrscht das Textverarbeitsungssystem T". Gemeint ist natьrlich, dass NN dies System beherrschen sollte. Und kein kompetenter Sprecher dьrfte einen solchen Satz anders verstehen. Wenn es also im klassischen Chinesisch hieЯ oder heiЯt «Der Beamte steht frьh auf", so war und ist klar, dass der ideale Beamte frьh aufstehen sollte. Die voluminцse sinologische Literatur ьber die angebliche «Einheit» von Sein und Sollen in der traditionellen chinesischen Kultur oder ьber die mangelnde Fдhigkeit oder Bereitschaft, Differenzen zwischen Sein und Sollen sehen zu wollen, bleibt eine akademische Groteske.

(g) Universale moralische Prinzipien wie die Goldene Regel oder das Verbot zu morden sind keine Funktionen einzelsprachlicher Besonderheiten.

(h) Ich vermag auch nicht zu erkennen, wie einzelsprachliche Spezifika – als solche – die allltagsrelevanten allgemeinen Kausalitдtsvorstellungen prдgen kцnnten. Magische, religiцse und дhnlich «ьbernatьrliche» Kausalitдtsvorstellungen sind kein (primдr) sprachliches Spezifikum.

Vielleicht lдЯt sich die Leitfrage wie folgt reformulieren:

Wie verschieden sind verschiedene Umwelten und insbesondere kulturelle Kontexte ьberhaupt? Welche Unterschiede sind dabei ьberhaupt relevant? Und in welcher Hinsicht und warum? Wie spezifisch sind sie? Sind im Zuge der Entwicklung kulturell bedingter Wahrnehmung entstandene Unterschiede irreversibel (wie etwa der Lautverlust)? Und falls nicht, wie relevant ist das Moment ihrer prinzipiellen Reversibilitдt? Kцnnen kulturell – und vor allem sprachlich – bedingte spezifische Imputs so unterschiedlich sein, dass sie als die Ausgangsbedingungen gegebenen subjektiven, objektiven und in allgemeinen Subjekt-Objekt-Relationen bestehenden Ьbereinstimmungen eliminieren oder so­weit reduzieren, dass diese irrelevant oder insignifikant werden?

Treten gravierende kommunikative Probleme nicht wirklich erst da auf, wo eine Argumentationslage gleichermaЯen begrьndete divergierende Entscheidungen zulдsst – bei Dilemmata etwa – oder wo Beteiligte stichhaltige Argumente nicht ernst nehmen oder ernst nehmen kцnnen? Letzteres aber ist, wie gesagt, alltдglich. Selbst die Weigerung, ein Argument ьberhaupt zur Kenntnis zu nehmen – ja, auch nur den Versuch zu machen, ein womцglich unwillkommenes Argument als solches zu identifizieren – und einem als gьltig erkannten Argument nachzugeben, dьrfte, wie ebenfalls angesprochen, fast allen aus eigener Erfahrung vertraut sein.

 






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