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Der Vater ist nach seiner Rűckkehr sehr ernst und die Mutter spricht mit ihren Kindern jetzt oft Tűrkisch






Seit der Vater von dem Besuch in der Heimat zurű ckge-kommen war, beachtete er die Vorschriften des Islam wie-der strenger. Er betete jetzt lä nger und danach war er oft sehr schweigsam. Fatma brachte nur noch tű rkische Spei-sen auf den Tisch und auf keinen Fall etwas mit Schwei-nefleisch. Vorher hatte ihr Vater deutsche oder italienische Gerichte schweigend akzeptiert. Jetzt aber schob er den Teller beiseite, wenn es etwas war, das gegen Allahs Ge-bote verstiess. Yildiz beobachtete auch, dass ihr Vater nun ofters mit anderen Tű rken zum Freitagsgebet ging. Frau-en hatten dort sowieso nichts zu suchen.

Murat ging jetzt manchmal am Freitag mit seinem Vater. Yildiz wusste, dass er nicht gerade begeistert davon war, mit anderen Mannern auf den Knien zu liegen und zu be-ten. Doch der Vater verlangte es.

Viel lieber war Murat mit seinen Freunden zusammen. Sie trafen sich in einem tű rkischen Restaurant und redeten sich ű ber Politik die Kö pfe heiss. Oft ging es dabei auch um ihre Situation in Deutschland. Serdal Toluk sah das nicht gern. Oft hatten er und Murat deswegen Streit. Doch Murat wollte nicht hö ren. „Sollen wir uns etwa alles gefallen lassen? Ich lasse mich doch nicht verprugeln." Meistens verschwand er dann in seinem Zimmer und spielte laute Technomusik.

Yildiz konnte nicht einschlafen, weil Murats Recorder zu laut war. Barfuss lief sie himiber in sein Zimmer. „Stell den Krach ab, ich will schlafen! ", schne sie.

Murat lag angezogen auf seinem Bett. Als er nicht reagierte, ging Yildiz zur Hi-Fi-Anlage und drehte die Musik leiser.

„He, was soil das? "

Yildiz setzte sich auf sein Bett und steckte ihre kalten, nackten Fusse unter die Decke. „Was ist los mit dir? "

Murat schaute sie murrisch an. „Das konnte ich dich auch fragen. Aber du denkst ja, ich merke nichts. Aber ich habe meinen Stolz. Du hast deinen langst verloren."

Yildiz wusste sofort, was er meinte. „Lass Mark in Ruhe, der ist in Ordnung. Und von dir lasse ich mich nicht herumkommandieren. Ist das klar? "

„Dein Mark ist wie alle anderen. Im Sommer machen sie in der Tű rkei Urlaub und wenn sie wieder zu Hause sind, schauen sie zu, wie uns die Wä nde beschmiert und die Autoreifen zerstochen werden. In Wirklichkeit sind wir fű r sie der letzte Dreck."

„Es sind nicht alle so, Murat. Und du weisst, dass wir nicht immer hier bleiben." Bei dem Gedanken ans Weggehen und an die Trennung von Mark kamen ihr fast die Tranen in die Augen. „Ich habe Angst um dich, Murat, und Vater und Mama auch. Die Skins sind..."

Aber Murat hö rte ihr gar nicht mehr zu. Er stellte seinen Recorder wieder lauter. Yildiz zog ihre Fusse unter der Bettdecke hervor und ging in ihr Zimmer zurű ck. An diesem Abend fand sie lange keine Ruhe. Ich habe mit Markus Schluss gemacht, dachte sie. Aber ich liebe ihn. Sie dachte zurű ck an den Tag, als er sie zum ersten Mai gefragt hatte, ob sie mit ihm ein Eis essen wű rde. „Ich weiss nicht", hatte sie gesagt und war ganz rot geworden.

Und dann: „Doch. Ich will schon." Sie war schon lange in ihn verliebt.

Spä ter waren sie dann zum Fluss gegangen und hatten lange miteinander gesprochen. Markus hatte seinen Arm um sie gelegt. „Es ist schon mit dir. Bekommst du Arger, wenn du mit einem Jungen gehst? "

„Du meinst, weil ich Tű rkin bin? Ich weiss nicht. Ich habe noch keinen Freund gehabt."

Die laute Musik in Murats Zimmer brach ab. Unten ging leise die Haustű r zu. Wohin geht Murat jetzt noch?, ű ber-legte Yildiz. Es war schon spä t. Sie wusste, dass sie nun nicht einschlafen konnte, bevor Murat wieder nach Hause kam. Das war schlimmer als die laute, harte Musik aus dem Recorder. Aber sie hatte noch mehr Angst vor den Gedanken, die ihr kamen, wenn sie im Dunkeln lag. Immer wieder die gleichen schrecklichen Bilder und das Knacken der Pistole an ihrer Schlafe. Sie hielt die Hand an ihren Kopf und spurte das kurze Haar. Da stand sie auf und ging ins Badezimmer. Im hellen Licht stellte sie sich nackt vor den Spiegel. So haben die Kerle mich gesehen, dachte sie. Und sie spurte auf ihrer Haut wieder das Mes-ser, das langsam u'ber ihren Korper vom Bauch ű ber die Brust bis ans Kinn fuhr.

Immer wieder machte sie diese Angst durch. Davon wach-te sie auf. Nacht fű r Nacht. Zu dumm, dass sie die Gesichter nicht gesehen hat. Immer hatte sie die Strumpfmasken und die Hande mit den Ta'towierungen vor Augen, wenn sie sich an die Skins zu erinnern versuchte. Sie loschte das Licht und ging in ihr Zimmer zurű ck. Dort zog sie die Bettdecke ű ber den Kopf. Sie hatte Angst vor jedem neuen Tag, an dem sie sich zusammennehmen musste, damit die anderen nichts merkten. In den ersten Tagen war sie kaum aus dem Haus gegangen. Manchmal war sie nach ein paar Schritten schon wieder umgekehrt. Sie hatte Tabletten genommen, um sich zu beruhigen. Aber die Verletzungen an ihrer Seele konnte sie damit nicht heilen. Sie fragte sich manchmal, warum sie nicht doch zur Polizei gegangen war. Aber schon der Gedanke an die vielen Fragen nahm ihr wieder den Mut.

Der Vater telefonierte jetzt ö fters mit der Familie in der Tű rkei und obwohl er dabei die Tű r hinter sich abschloss, konnte sich Yildiz denken, worum es dabei ging. Einmal sagte sie empö rt: „Onkel Musa kann doch nicht einfach ű ber unser Geld bestimmen. Dagegen musst du dich doch wehren, Papa. Warum sollen wir denn dorthin zurű ck? "

Sie sassen gerade beim Abendessen. Ihr Vater ass kaum et-was. „Wir sollten woanders hingehen", antwortete Fatma Toluk fű r ihren Mann. „Nach Ankara vielleicht oder nach Istanbul. In eine grosse Stadt jedenfalls." „Ich gehe nicht mit", sagte Murat. „Grosse Stadt! Wisst ihr, wo wir dann noch landen werden? In dem kleinen Dorf, wo Grossvater und Onkel Musa ű ber uns bestimmen. Ich denke nicht daran, fű r Musa zu arbeiten. Ich bleibe hier! " Serdal Toluk stand auf und ging wortlos hin-aus. So hatte Murat bisher noch nie gesprochen. Nach dem Essen ging Murat noch einmal weg. Yildiz blieb bei ihrer Mutter im Wohnzimmer. „Warum denkt Vater jetzt ans Zurű ckgehen, Mama? Hast du ihm etwas gesagt? "

„Nein, Yih. Dann mussten wir noch heute die Koffer packen. Er hat auch Probleme. Der Laden lä uft nicht mehr so gut, es kommen nicht mehr so viele Kunden. Es sind auch schon einige in die Heimat zurű ckgegangen. Wenn sie arbeitslos sind, dann bleibt ihnen ja nichts anderes ű brig."

„Murat will aber nicht zurű ck", sagte Yildiz. „Und wenn er ausgelernt hat, wird er bestimmt seine Arbeit behalten." „Vielleicht", antwortete Fatma Toluk. Sie sprach jetzt oft Tű rkisch mit Yildiz und Murat und sie war jedes Mai erschrocken, wie wenig die Kinder die Sprache beherrsch-ten. Yildiz hatte auch kein Interesse, wenn ihre Mutter ihr etwas ű ber die Geschichte des Landes erzä hlte. „Mama, das bringt mir nichts." „Es ist deine Heimat, Yih."

„Nein, Mama. Ich habe keine Heimat. Weder hier noch dort." Manchmal nahm sie trotzdem den Gedichtband zur Hand, den ihr die Mutter auf das Bett gelegt hatte. Es waren Verse von tű rkischen Autoren, Gedichte von Liebe und Sehn-sucht, von Hoffnung und Enttauschung. Aber sie begriff den Sinn der Gedichte nicht. Das waren die Gefuhle der Eltern, der Grosseltern. Sie dachte: Werde ich jemals so fű hlen, so denken kö nnen?

Aber Yildiz wusste, dass ihnen schliesslich doch nichts anderes ű brig bleiben wtirde als zurű ckzugehen. In sol-chen Augenblicken war sie immer ganz verzweifelt. So viele Jahren waren sie in Deutschland willkommen und zu Hause gewesen. Man hatte Leute wie ihren Vater als Arbeitskrafte gebraucht. Und jetzt? Keine Arbeit! Macht, dass ihr wieder heimkommt. Wir haben selbst Probleme mit der Arbeit und mit den Wohnungen. Da war der Gedanke nicht weit: AUSLÄ NDER raus! Deutschland den Deutschen! Sie sprachen es nur nicht so deutlich aus wie die Rechtsradikalen. War es das, weshalb der Vater daran dachte zurű ckzugehen?

Jetzt tat es ihr Leid, dass sie nicht mit Markus darű ber reden konnte. Aber der ging ihr inzwischen aus dem Weg. Nur manchmal schaute er sie so traurig an. Aber nun konnte sie nicht mehr zurű ck.

 






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