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Drei junge Männer werfen mit Steinen und Yildiz sagt zu Hause nicht die Wahrheit






Der erste Stein flog vorbei. Der zweite traf sie am Hals. Der dritte Stein schlug eine grofie Fensterscheibe kaputt. Yildiz rannte, bis sie keine Luft mehr hatte. Wer sind die Manner, die mit Steinen nach mir geworfen haben?, dach-te sie. Die drei mit den Glatzkopfen? Yildiz sah sich um. Nein, die drei sind in eine andere Richtung gelaufen. Gott sei Dank.

Yildiz fasste sich an den Hals. An ihrer Hand war Blut. Sie presste ein Papiertaschentuch auf die kleine Wunde. Was wollten die Kerle von mir?, dachte sie. Warum haben die gerade mich mit Steinen beworfen? Sehe ich anders aus als andere Madchen? Sie hatte dunkelbraunes langes Haar und trug Jeans und Turnschuhe wie andere Madchen. Ich kenne die Glatzkopfe doch gar nicht, dachte sie.

Yildiz versuchte ruhig zu werden. Wenn sie nach Hause kam, wollte sie nicht gefragt werden, was passiert war. Nicht von ihren Eltern und schon gar nicht von ihrem Bruder Murat. Der sagte sowieso bei jeder Gelegenheit: Bleib unter unseren Leuten. Fur die Deutschen bist du nur AUSLÄ NDERin.

Wussten die drei, dass sie Tiirkin war? Von wem? Von Markus' Bruder Ben etwa? Sie sprach so gut Deutsch wie jeder andere Deutsche, war in dieser kleinen Stadt gebo-ren, ging aufs Gymnasium und alle riefen sie nur Yil. Sie iiberlegte, was sie zu Hause sagen sollte. Auf keinen Fall durfte ihre Familie wissen, dass man sie mit Steinen beworfen hatte. Ihre Elten wiirden sie nie mehr allein aus dem Haus lassen. Und Murat wiirde mit seinen Freunden tagelang durch die Stadt ziehen und jeden zusammen-schlagen, der seinen Kopf kahl geschoren hatte. Murat dachte immer, er als grosser Bruder musse sie beschiitzen. Dabei war er erst achtzehn, nur zwei Jahre alter als sie. Nein, sie wiirde zu Hause einfach sagen, dass sie beim Volleyballspielen mit Ulrike zusammengestofsen sei und Ulrike sie mit ihren langen Fingernageln am Hals gekratzthatte. Ulrike ist ihre beste Freundin. Auf die konnte sie sich verlassen, wenn jemand danach fragte.

„Bist du es, Yih? " Durch die offene Wohnzimmertiir sah Yildiz, dass Besuch da war, ein Freund ihres Vaters mit seiner Frau. Sie sagte: „Hallo! Ich komme gerade vom Sport, will mich nur noch schnell duschen! " In ihrem Zimmer betrachtete sie vor dem Spiegel den kleinen Kratzer am Hals. Es war eigentlich gar nicht schlimm. Yildiz dachte wieder: Die haben bestimmt nicht mich personlich gemeint. Ich kenne die doch gar nicht. Trotzdem wiirde sie nicht dariiber reden, auch nicht mit Markus, ihrem Freund. Sie wusste, wie Markus tiber Skins und Rechtsradikale dachte. Der wiirde doch glatt ausrasten. Ob die Typen wussten, dass sie oft mit Markus zusammen ist? Yildiz ging ins Bad und duschte lange. Sie musste etwas von sich abspiilen: Angst, Scham, Hilflosigkeit. Dariiber konnte sie nicht einmal mit Ulrike reden. Die wiirde nur sagen: Solche bloden Typen gibt's iiberall. Mach dir nichts draus, Yil.

Yildiz ging ins Wohnzimmer hinunter, um die Gaste zu begriissen. Der Freund ihres Vaters erzahlte gerade vom Urlaub in der Tiirkei. Sie hatten von dem Geld, das sie in Deutschland gespart hatten, in Anatolien ein Grundstuck gekauft. Darauf wollten sie ein Haus bauen. Auch die Eltern von Yildiz wollten das so machen, wenn sie spä ter einmal in die Tiirkei zuriickkehrten. Yildiz erschrak, als sie die Stimme ihres Vaters horte: „Hast du keinen Hunger, Tochterchen? Iss doch was! " Serdal Toluk war stolz auf seine Tochter. „Ich habe nicht viel Hunger", sagte sie und nahm nur etwas Obst. Plotz-lich sah ihr Vater die Wunde am Hals. „Was ist passiert, Tochterchen? ", fragte er. Yildiz wurde nicht einmal rot, als sie ihre Geschichte vom Volleyballspielen erzahlte. Ein Gltick, dass sie sich dies vorher ausgedacht hatte.An diesem Abend ging Yildiz bald in ihr Mansardenzim-mer. Sie nahm ein Buch und versuchte zu lesen. Aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Dann horte sie, wie die Eltern die Gaste verabschiedeten. Schnell loschte sie das Licht. Gleich wurde Mama hochkommen und fragen, was los gewesen war. Aber sie wurde auch ihr nichts sagen. Leise offnete Fatma Toluk die Tiir. Yildiz riihrte sich nicht. Sie atmete auf, als die Mutter wieder aus dem Zimmer ging. Morgen fragte Mama vielleicht nicht mehr. Yildiz liebte ihre Mutter sehr. Die hatte ihr einmal erzahlt, wie schwer der Anfang in Deutschland fur die Eltern gewesen war. Fatma Toluk war damals noch sehr jung gewesen, hatte kein Wort Deutsch verstanden und oft Angst vor dem fremden Land. Das Heimweh brannte in ihr wie Feuer.

Murat und Yildiz waren in Deutschland geboren. Beide sprachen die deutsche Sprache besser als die tű rkische. Und vor allem die Mutter war dafiir, ihre Kinder nicht zu isolieren und sie nur mit tiirkischen Kindern spielen zu lassen. Sie wollte, dass sich ihre Kinder in Deutschland zu Hause fuhlen.

Vater dagegen kummerte sich vor allem ums Geldverdie-nen. Er hatte einen Laden, wo er Obst, Gemuse, Gewur-ze und Kase verkaufte. Die Waren holte er mit seinem Lieferwagen jeden Morgen aus der Markthalle. In dem Geschaft kauften nicht nur Tiirken ein, sondern auch viele Deutsche. Aber vor ein paar Wochen war etwas passiert. Da stand plotzlich auf dem Roll-Laden des Geschafts „TŰ RKEN RAUS". Das hatte jemand in der Dunkelheit mit einer Spraydose draufgespruht. Mutter hatte sehr ge-weint. Murat war die nachsten drei Abende nicht nach Hause gekommen. Er hatte aber nicht herausgefunden, wer es gewesen war. Vater war ruhig geblieben. Er hatte nur gesagt: „Das sind Kriminelle, die gibt's uberall." Und dann hatte er alles mit Farbe ubermalt.

Ob das etwa auch solche Glatzkopfe gewesen waren wie die drei, die mit Steinen auf sie geworfen hatten? Yildiz zog die Decke ű ber den Kopf und weinte. Sie fiihlte sich plotzlich so einsam, hilflos und klein.

 






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